Expedition “La Sauge”

Expedition «La Sauge»: Ein Besuch im Paradies

Bild &Text von Catherine Allisson

Am 8. Mai 2025 entschied ich mich spontan, bedingt durch eine günstige Wetterlage, für einen Ausflug nach La Sauge. Das Birdlife Zentrum «La Sauge» liegt am südostende des Neuenburgersees. La Sauge umfasst 2 bedeutende Naturschutzgebiete: Fanel und Chablais de Cudrefin.

Dort angekommen, verzauberte mich die wunderbare Landschaft mit Teichen, Auenwald und Seeufer. An bedeutenden Stellen im Naturschutzgebiet stehen Beobachtungshütten.Ein Fachkundiger des Birdlife Zentrums hatte mir geraten, den kleinen Teich aufzusuchen, da dort aktuell ein Eisvogel seine Küken füttere, deren Nest sich in einem Loch einer Mauer befinde. Der kleine Teich war leicht zu finden. Ich setzte mich zu den anderen Vogelbeobachter*innen in die Hütte und spähte durch den Seh-Schlitz auf das Teichgebiet. Flüsternd fragte ich meine Sitznachbarin, ob der Eisvogel sich schon gezeigt hätte. Sie nickte, «Aber man muss sich in Geduld üben», meinte sie.

Die Vogelbeobachtung kommt einer Achtsamkeitsübung gleich. Ich betrachtete die Spiegelung der Bäume im Wasser. Plötzlich hörte ich das  Singen eines Teichrohrsängers: «tschir», «tiri» und «Tjäg» werden im Wechsel mit Trillern kurz hintereinander gereiht (so wird sein Gesang von Fachkundigen umschrieben). Alsbald setzte sich eine Bachstelze auf einen Ast, der aus dem Wasser ragte... Ich blickte lange Zeit ruhig in die Landschaft, während ich gleichzeitig auf jegliche Bewegung achtete.

Nach ca. 20 Min, wurde mein Warten belohnt: - Der Eisvogel! Einen grossen schwarzen Käfer im Schnabel,  flog er ruckzuck zum Nest. Wenige Augenblicke später schlüpfte er wieder aus dem Loch und peilte das Ufer an, worauf er ausgiebig sein Gefieder putzte. Dann flog er hoch auf einen Ast und posierte direkt vor uns Staunenden. Wie wunderschön, dieses blau-türkisene Federkleid und das orangene Bauchgefieder! Wie ein lebendiges Juwel! Er guckte aufmerksam, aber entspannt über den Teich und wirkte dabei so erhaben und verbunden mit seiner natürlichen Umgebung. Ich spürte Demut in mir, diesem einzigartigen kleinen Wesen gegenüber.

Irgendwann, der Eisvogel hatte sich bereits wieder verabschiedet, zog es mich weiter. Schliesslich wollte ich auch noch zum grossen Teich. Der Weg führte durch ein üppiges Auenwäldchen. Überall war Vogelgesang zu hören. Ich war noch ganz trunken vom schönen Eisvogel. Bald schlängelte sich der Pfad entlang eines Sumpfkanals. Ein Kleiber scheute sich nicht, vor mir ein ausgiebiges Schlammbad zu geniessen. Am Ende des Kanals befand sich die Beobachtungshütte zum grossen Teich. Ich schaute über das Wasser, hin zu einer Graslandschaft gesäumt von Pappeln. Davor weideten schottische Hochlandrinder. «Wau, ist das schön!», ich war hin und weg von der Landschaft, die sich wie ein majestätisches Gemälde vor mir präsentierte. Auf einer schlanken Bank sitzend, überschaute ich mit meinem Fernglas das Gwässer. Ein Seidenreiher, weiss wie glitzernder Neuschnee in der Sonne, schritt langsam durch das Knie tiefe Nass. Schnell wie ein Pfeil bohrte sich sein Schnabel ins Wasser und packte nach einem Fisch. «Hui, der ist aber gross!» dachte ich und schon war der zappelnde Fisch verschluckt.

Leises Piepsen in unmittelbarer Nähe, liess mich etwas vermuten... Flugs flog eine Kohlmeise heran, den Schnabel prall gefüllt mit Insekten und verschwand in einem Loch in der Holzwand. Tatsächlich, ca. 1,5 Meter entfernt, befand sich ein Nest, woraus die Küken «srii, srii, srii» riefen. Die Kohlmeise liess die Nähe der Menschen zu, als würde sie wissen, dass sie hier sicher ist. «So schön, so sollte es überall sein! Wie im Paradies!» dachte ich.  Inzwischen hatte ich das schwimmende Graugänsepaar mit 2 Jungen entdeckt, die am anderen Ufer nach Futter suchten. Ich war ganz in einem wahren Traum versunken. Plötzlich betrat ein Vater mit seinem Söhnchen die Hütte. «Oje, dachte ich, muss das sein?» Sie setzten sich direkt unters Nest. Freundlich aber bestimmt machte ich sie darauf aufmerksam, dass des baldigen die Vogeleltern mit Futter kämen und sie sich doch etwas entfernter niederlassen möchten. Der französisch sprechende Vater wollte wissen, welche Vogelart hier brüte. Weil mir der französische Namen nicht einfiel, zeigte ich mit dem Finger auf das entsprechende Bild in meinem Vogelführer. «C`est une mésange charbonnière» sagte er. «Aha.» Machte ich. Bald war es Zeit, den Heimweg anzutreten.

Zurück entlang dem schmalen Sumpfkanal erblickte ich zwei Männer mit Teleobjektiv. Was sie wohl fotografieren? Als ich die Stelle erreichte, waren die beiden schon weitergezogen. Da erblickte ich ihr Fotomotiv: Einen riesigen Frosch, dessen Körper so gross wie meine Hand war, umgeben von zwei kleineren. Sie sonnten sich zu dritt. «Hui! Donnerwetter, das ist aber ein grosses Exemplar, ich dachte sowas gäbe es nur in Australien» - (Australien? Wie komme ich denn darauf? Egal. Einfach in einem fernen Lande J) Ich versuchte mich mit einem Handy Foto. Natürlich habe ich zuhause am PC recherchiert. Die zwei kleineren Exemplare vermutlich Grasfrösche, aber der Grosse? Ich konnte ihn beim besten Willen nirgendwo ausfindig machen... (Bin dankbar um Hinweise! Siehe Foto)

Kurz vor dem Ausgang umzingelte eine Gruppe von Tierfotograf*innen ein Objekt des Begehrens, ein schwimmender Frosch.Jemand winkte mir zu. Ich erkannte meine Sitznachbarin von der Eisvogelsichtung. «Schon beeindruckend wie ihr mit euren schweren, grossen Objektiven handhaben könnt», sagte ich anerkennend zu ihr. Ich verabschiedete mich. «Ob das auch etwas für mich sein könnte?», ging es mir durch den Kopf. Nun, zurzeit bin ich noch nicht soweit. Meine Gesinnung ist das Betrachten, Staunen und Geniessen der Artenvielfalt und dabei mit möglichst leichtem Handgepäck unterwegs zu sein.

Erfüllt und zufrieden verliess ich das Gelände und machte mich auf den Heimweg.

 

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